„Sie ist der hellste Stern von allen und wird nie vom Himmel fallen“ singt Till Lindemann mit Inbrunst in einem der bekanntesten Lieder von Rammstein. Nun ja, die Sonne scheint seit Tagen unverdrossen, nur offensichtlich gerade nicht für Rammstein, denn die landen momentan ziemlich unsanft vom Gipfel des Rockolymps auf dem Boden der harten Shitstorm-Realität. Sei’s drum, die Sonne interessiert das nicht im geringsten, denn wir haben allerschönstes Sommerwetter.
Die Sonne sorgt nicht nur für prall gefüllte Vitamin D-Speicher, sondern auch für gute Laune. Die Photosynthese der Pflanzen läuft jetzt wie geschmiert, und man ist morgens früher wach, was sich positiv auf das Aktivitätspotential auswirkt. Ich nutze zum Beispiel neuerdings zum Fotografieren das goldene Sonnenlicht um 6.00 Uhr in der Frühe und nicht wie üblich, zur „blauen Stunde“ am späten Nachmittag. Dadurch habe ich nicht nur mehr vom Tag, sondern es hat den schönen Nebeneffekt, dass die Bilder auch ohne Filter einen romantischen Glow haben. 84 Millionen Beiträge findet man übrigens auf Instagram zum Thema #sunrise, locker überboten von satten 321 Millionen Beiträgen, die man unter dem hashtag #sunset findet. So wie der jährliche Sommerurlaub seine Priorität in unserem Leben selbst in Krisenzeiten unvermindert behauptet, ist ein Urlaub ohne Sonnenuntergang offenbar auch nur halb so schön und fast undenkbar. Kein Wunder: Wenn wir an den perfekten Urlaub denken, kommen uns automatisch Bilder mit blauem Himmel, strahlendem Sonnenschein und romantischen Sonnenuntergängen in den Sinn. Wir träumen vom Candle-Light-Dinner im Abendrot und von Händchen haltend verliebten Strandspaziergängen, während die Sonne langsam am Horizont versinkt und den Himmel in leuchtende Farben taucht. Bilder, die wir so oft gesehen haben, dass sie sich tief in unser Bewusstsein gegraben haben. Wenn wir sie dann in der Realität erleben, erfüllt uns dieses mit einem warmen Gefühl von Zufriedenheit, Dankbarkeit, von Glück und Harmonie … … zumindest, solange wir ignorieren, dass wir garantiert nicht die einzigen sind, die einen Platz an der Sonne suchen, wir die Kakophonie unterschiedlichster Musikstile aus unzähligen Strandlokalen ausblenden und ferner vermeiden, über den angespülten Plastikmüll am Strand zu stolpern.
Natürlich ist die Sonne nicht nur für die Urlaubsromantik verantwortlich, sondern hat - im wahrsten Sinne des Wortes - durchaus ihre Schattenseiten. Dass Sonnenbrand und übermäßige Sonnenstrahlung Hautkrebs verursachen und grelles Sonnenlicht die Augen schädigen kann, ist unterdessen wohl hinreichend bekannt. Ersteres verhindert übrigens ein ausreichend hoher Sonnenschutz, letzteres eine gute Sonnenbrille. Und dass wir alle mit einer ernsthaften Verminderung der Treibhausgase in der Atmosphäre dafür sorgen müssen, den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur mit allen negativen Auswirkungen auf das Klima zu begrenzen, sollte mittlerweile auch jeder begriffen haben. Denn im Vergleich dazu, sind die eingangs erwähnten, gefallenen Götter des Rock-Olymps eher Nebensache. Gleichwohl sollten Celebrities sich kein Beispiel am legendären Sonnenkönig Louis XIV. nehmen, der einst uneingeschränkt für sich beanspruchte "L'état, c'est moi“ (der Staat, das bin ich). Gerade Superstars sollten sich der Verantwortung gegenüber ihren Fans bewusst sein. Denn selbst wenn hier keine Straftat vorliegen sollte, bedeutet das noch lange nicht, dass alles in Ordnung war bzw. ist. Unterm Strich hat die ganze Rammstein-Geschichte für mich - wie man so schön sagt „haut goût“, und ich schätze, dass die Sonne für die Band nicht die Strahlkraft hat wie ehedem.
Davon abgesehen habe ich irgendwie im Gefühl, dass der Sommer 2023 besonders toll wird. Nachdem der Frühling in diesem Jahr erwiesenermaßen mehr oder weniger ausgefallen ist, finde ich, dass wir uns einen tollen Sommer nach dem endlos langen, von Energiekrise und Krieg geprägten Winter wirklich verdient haben. Sollte der Sommer es sich allerdings doch anders überlegen oder zwischendurch eine Pause einlegen wollen, empfehle ich wärmstens die obigen „Sonnendüfte“ - die garantiert auch bei schlechtem Wetter für gute Laune sorgen.