Neulich führte ein Bekannter, Mitte fünfzig, sein neues Auto vor: ein Jaguar F-Type Cabrio. Nun ist der F-Type längst nicht so ikonisch wie der legendäre E-Type, aber immerhin ist es ein Jaguar – und damit zumindest halbwegs cool. Wäre da nicht der Fehler gewesen, voller Stolz das Soundmodul zu erwähnen: eine Art elektronischer Generator, mit dem man das Motorengeräusch per Schalter künstlich verstärken kann, um die staunende Umwelt zu beeindrucken. Mein Bekannter fand sich und sein neues Auto mega-cool. Ich hingegen finde: ein albernes Spielzeug, das sofort verrät, wie sehr man versucht, aufzufallen und Eindruck zu schinden – total peinlich. Wer zu sehr versucht, cool zu sein, ist es eben nicht.
Auch wenn man sie schwer erklären kann, erkennt man Coolness recht einfach: Sie ist die unwiderstehliche Mischung aus Distanz und Präsenz, aus Nonchalance und Lässigkeit. Echte Coolness wirkt wie eine Zeitlupe: nicht bemüht, nie gehetzt, immer mit einer subtilen und dennoch klaren Selbstverständlichkeit – angereichert durch eine fein dosierte, zurückhaltende Portion Gefühl und Wehmut. Eine Kombination von Eigenschaften, die einen Menschen ebenso interessant wie attraktiv machen.
Dabei ist der Begriff „cool“ älter, als man denkt. Im Englischen bedeutete er zunächst nichts anderes als kühl oder gefasst. „Keep a cool head“ – einen kühlen Kopf bewahren – war lange die Hauptbedeutung. Als jedoch in den 1940er-Jahren die Jazzclubs in Harlem entstanden, stand „Cool Jazz“ für eine neue Art von Musik: leidenschaftlich, aber kontrolliert, ausdrucksvoll, aber nie überschäumend. Coolness war die Kunst der stilisierten Emotion. Von dort zog der Begriff in die Popkultur. Erst James Dean, Elvis Presley und Marlon Brando, später dann Beat, Punk und Hip-Hop – von Iggy Pop und Patti Smith bis zu den Streetstyle-Ikonen der Gegenwart hat jede Jugendkultur Coolness neu definiert.
Heute ist Coolness ein globaler Code. Eine internationale Studie in zwölf Ländern – in Asien, den USA und Europa – kam kürzlich zu einem erstaunlichen Ergebnis: Menschen, die als cool gelten, teilen überall auf der Welt die gleichen Eigenschaften. Sie sind extrovertiert, hedonistisch, kraftvoll, abenteuerlustig, offen und autonom. Überraschend ist dabei weniger die Liste selbst, sondern die kulturelle Übereinstimmung. Ganz gleich, ob in Tokio, New York oder Berlin – die Codes of Coolness bleiben dieselben.
Doch warum wollen wir alle unbedingt cool sein? Ganz einfach: Coolness ist eine soziale Währung. Wer cool ist, setzt Trends, nicht umgekehrt. In der Jugend dient sie oft als Schutzschild – man zeigt Distanz, um nicht verletzlich zu wirken. Im Erwachsenenalter wird sie zum Distinktionsmerkmal, zu einem subtilen Signal, dass man nicht im Strom mitschwimmt, sondern Haltung und Unabhängigkeit bewahrt. Kann man Coolness lernen? Ja und nein. Einerseits ist sie eng mit Authentizität verknüpft, denn wer sich zu sehr bemüht, erreicht das Gegenteil. „Try hard“ ist einfach uncool. Andererseits lassen sich bestimmte Codes sehr wohl beobachten, einüben oder imitieren – von der Körpersprache über Kleidung bis hin zu bestimmten Sprachmustern. Die Frage ist nur: Hält die Fassade, was sie verspricht? Felix Krull lässt grüßen.
Coolness ist eine Art performative Authentizität: Man zeigt durchaus, wer und wie man ist, bleibt dabei jedoch souverän. Man erklärt nicht, warum man so oder anders handelt. Coole Menschen brechen Regeln – aber nur so weit, dass es bewundert und nicht verachtet wird.
Dabei funktioniert Coolness als Code ohne Worte. Man erkennt sie in der Mode – als Understatement ohne Effekthascherei, oft bewusst unperfekt: abgetragene Sneaker, alte Lederjacken, Vintage-Shirts. Auch in der Körpersprache ist Coolness sichtbar: als Haltung, die Raum lässt, nie zu schnell, nie zu laut. In der Sprache äußert sie sich durch feine Ironie, durch Pausen, durch Understatement im Ton. Und selbst im Lifestyle zeigt sich Coolness als Haltung, die die Balance zwischen Zugehörigkeit und Nonkonformität wahrt. Hedonismus ja, aber nicht als Exzess – sondern als Genuss ohne Erklärungsbedarf.
Und natürlich können auch Parfums die „Codes of Coolness“ transportieren. Dabei geht es nicht darum, gefällig oder massenkompatibel zu sein, sondern Persönlichkeit zu zeigen: subtil, beiläufig und manchmal auch sperrig. Coole Düfte schreien nicht, sie setzen ein Statement, das per se wirkt – urban oder genussvoll, kraftvoll mit rauer Kante oder voller Abenteuerlust; verspielt oder elegant, clean oder sophisticated, und gerne auch avantgardistisch und artifiziell. Kein bloßes Accessoire, das man sich übersprüht, sondern ein Ausdruck von Persönlichkeit, Haltung und Autonomie.
Vielleicht ist Coolness deshalb so begehrt – weil man sie nicht kaufen kann. Nicht einmal mit dem teuersten aller Parfums. Denn nichts ist weniger cool, als offensichtlich um Coolness bemüht zu sein.